Jan Costin Wagner: Das Licht in einem dunklen Haus - Neuerscheinung

©Dennis Yenmez

Verwirrspiele zwischen Leben und Tod

Kimmo Joentaa ist der schon aus Vorgängerromanen bekannte Kommissar, der sich mit der Aufklärung der Mordfälle befasst. Seine Frau ist tot, und seine laszive Freundin Larissa bleibt ihm gegenüber still und verschlossen. Eines Tages ist sie verschwunden. Man ahnt wohl bald, dass sie ein sehr geheimes Leben neben ihrem Freund Kimmo führte. Schließlich bemüht sich Kimmo, neben der Arbeit in der Mordkommission dem verborgenen Leben dieser Freundin auf die Spur zu kommen.

Wie immer legt J.C. Wagner seine Fährten raffiniert, so dass man seinen psychologisch ausgefeilten Beobachtungen mit Interesse nachsinnt.

J.C. Wagner setzt subtile Mittel ein, um den Leser in die Irre zu führen. Es gelingt ihm vortrefflich, seine Erzählung aus einzelnen Puzzlesteinen zusammenzusetzen, so dass die Lösung erst ganz zuletzt sichtbar wird.

Ein ambitioniert angelegter Krimi ist das Ergebnis dieses neuen Romans von Jan Costin Wagner. Für Krimifreunde mit anspruchsvollem Literaturgeschmack ist er genau das Richtige!

Auszug einer Rezension von Claudine Borries

Jan Costin Wagner
Das Licht in einem dunklen Haus
352 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Juli 2011
ISBN-10: 3869710160
ISBN-13: 978-3869710167

Rezension aus dem Hamburger Abendblatt

Online-Ausgabe: 28.07.2011, 07:18 Uhr; Volker Albers

In der finnischen Provinz: Der Mörder, der weinte

Jan Costin Wagner erzählt in "Das Licht in einem dunklen Haus" von einem äußerst komplexen Kriminalfall, der in der finnischen Provinz beginnt.

Es ist dunkel im Leben des finnischen Polizisten Kimmo Joentaa. Larissa ist verschwunden, seine rätselhafte Geliebte, die als Prostituierte arbeitet, die zu Kimmo kommt und wieder geht, wann auch immer, ganz wie es ihr gefällt, und die nicht Larissa heißt, sondern die sich nur so nennt. Kommt Kimmo am Abend nach Hause und kein Licht brennt in seinem Haus am See, dann weiß er, Larissa ist da. Seit Tagen brennt am Abend das Licht in Kimmos Haus. Weshalb es dunkel geworden ist in seinem Leb

Die Sorge lastet schwer auf Kimmo Joentaa, es ist beileibe nicht die einzige. In Jan Costin Wagners wunderbarem neuen Kriminalroman "Das Licht in einem dunklen Haus" bekommt Kimmo es mit einem äußerst komplexen Fall zu tun, an dessen Anfang der Mord an einer im Krankenhaus liegenden Komapatientin steht. Es ist nicht viel, was der Täter am Ort der Tat hinterlässt, lediglich einen unscheinbaren Fleck auf der Krankenbettdecke. Tränenflüssigkeit, wie Kriminaltechniker ein wenig ungläubig ermitteln. In der Folge gesucht: der Mörder, der weinte.

Es ist der vierte Fall, den Jan Costin Wagner, 38, seinem melancholischen Helden auf den fiktiven Leib geschrieben hat. Wagner, der bei Frankfurt und in Finnland lebt, schreibt in einem ruhigen Ton, sorgsam geht er mit den Worten um, als prüfe er das Gewicht eines jeden einzelnen, um jene Balance zu finden, aus der die Spannung des Erzählten erwächst. Die Sprache seziert Seelenzustände, aus der Distanz heraus, überaus filigran, was dem Duktus manchmal einen Hauch von Kälte verleiht, letztlich aber gespeist ist aus einer großen Empathie für die Figuren.

Natürlich steht Kimmo Joentaa im Zentrum der Geschichte, der trauernde Kimmo, der vor Jahren seine Frau verlor, weil der Krebs sie ihm nahm. Dem jetzt die Frau fehlt, deren wahren Namen er nicht kennt. Alle Tage schickt Kimmo, dieser wahrhaft skandinavische Held, ihr E-Mails, die auf Antwort hoffen, vergebens. Bis nach Wochen ein Hinweis kommt von Larissa: "Eure Tote, das hat mit männlicher Gewalt zu tun." Es ist ein Hinweis, der die Ermittler weit zurückführt, mitten hinein in die 80er-Jahre und in die tiefste finnische Provinz. Mitten hinein in einen heißen, mückenumflorten Sommer, in dem sich an einem Nachmittag eine Gruppe von Männern verabredet.

Wagner, dessen Joentaa-Romane bislang in 14 Sprachen übersetzt sind - auch ins Finnische -, ist ein brillanter analytischer Erzähler in bester skandinavischer Manier. Seine bedrückende Geschichte um Gewalt und Missbrauch spickt er mit Dialogen, die in ihrer lakonischen Wortkargheit die Komik in diesem Roman platzieren. Denn weniger reden geht nicht, danach kommt nur noch Schweigen.

Und so ist es denn auch bezeichnend, dass Kimmo Joentaa, der über die Haltbarkeit von Glühbirnen sinniert, auf das Dunkel in seinem Haus wartet. Nur das bringt ihm Licht. Jenes des Nordens natürlich, die Sonne des Südens ist da ganz weit.