Bericht eines Teilnehmers

vom Schüleraustausch Jakobstad (FIN) - Bünde (GER) 22.07.2013 - 05.08.2013

Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland - das waren die Urlaubsziele unserer Freunde für die Sommerferien 2013. Und wir? Für uns ging es gleich zu Beginn der Ferien für eine Woche nach Finnland, 2000 km nach Norden. Und wie war es dazu gekommen?
Bereits Ende 2012 hingen in den Bünder Schulen Plakate aus, auf denen die Stadt Bünde gemeinsam mit der Deutsch‐Finnischen‐Gesellschaft (DFG) für einen einwöchigen Schüleraustausch mit Schülern der finnischen Stadt Jakobstad/Pietarsaari warb. Bereits seit 1968 besteht die Städtepartnerschaft zwischen Bünde und der finnischen Stadt am Meer.
Es meldeten sich schließlich 6 Mädchen und 1 Junge im Alter von 15 bis 18 Jahre für den Austausch. Nach einigem Hin und Her und organisatorischen Schwierigkeiten vor allem auf finnischer Seite, bekamen wir schließlich die Unterlagen über unsere Austauschschüler zugeschickt. Kurz darauf wurden bereits die ersten Wünsche und auch Bedenken untereinander ausgetauscht und bei einem kurzen Treffen im Bünder Rathaus bekamen die deutschen Teilnehmer die Möglichkeit, sich vorher wenigstens kurz einander vorzustellen und einiges abzusprechen. Frau Sabine Bartetzko von der Stadt Bünde und die DFG gaben uns bei der Gelegenheit auch noch ein paar wichtige Infos und Hinweise mit auf den Weg.
Und dann war es soweit. Am 22. Juli begann unsere Reise am Bünder Rathaus um 7.00 Uhr mit dem Bustransfer zum Flughafen nach Düsseldorf. Dort war der Finnair-Schalter so gut wie leer und das einchecken verlief problemlos. Um 11.45 Uhr hob die kleine Maschine in Düsseldorf bei gut 25°C ab, um dann, 140 Minuten später (15.15 Uhr Ortszeit – 1 Stunde weiter) in Helsinki bei 15°C und Regen zu landen. Die Stimmung war entsprechend. Mit dem Bus ging es dann zum Bahnhof nach Tikkurila, da wir leider keinen Inlandsflug mehr bekommen hatten. Also mussten die 400 km von Helsinki nach Pännäinen mit dem Pendolino, einem Schnellzug, in vier Stunden zurückgelegt werden. Dort angekommen, wurden wir bereits von unseren Gastfamilien erwartet. Inzwischen war es 22.30 Uhr und in Deutschland verschwand die Sonne vermutlich gerade am Horizont. Doch in Finnland sollte es noch bestimmt drei Stunden dauern, bis es soweit war. Ein Umstand, der uns auch in den nächsten Tagen noch mehr oder weniger schwer zu schaffen machte, da es beim Zubettgehen - egal zu welcher Uhrzeit - einfach nicht dunkel werden wollte. Aber das war uns an diesem Abend egal; wir waren geschafft von der Reise.
Am nächsten Morgen stand bereits der erste Termin an: Die formelle Begrüßung durch einen Vertreter der Stadt und eine schwedische Deutschlehrerin, Sonja Smedlund. Dabei wurde uns ein Phänomen erklärt, das uns noch den ganzen Aufenthalt über begleiten würde. Es war die Zweisprachigkeit der Stadt Jakobstad/Pietarsaari. Da diese Stadt an der Ostseeküste, und somit gegenüber von Schweden liegt, gibt es eine schwedisch-sprachige Mehrheit (55%) in Jakobstad. Das erklärt auch, warum z.B. Straßenschilder immer den schwedischen und finnischen Namen der Straße tragen und nicht zuletzt der Stadtname selbst immer zweisprachig aufgeführt wird (schwedisch: Jakobstad, finnisch: Pietarsaari).
Auch die Frage "Wie ist es damals überhaupt zu der Städtepartnerschaft gekommen"? wurde uns hier erläutert. Es war die Zigarrenindustrie, die die beiden Städte einander näher brachte. In Jakobstad/Pietarsaari werden jedoch inzwischen überhaupt keine Zigarren mehr hergestellt. Stattdessen steht am Stadtrand jetzt eine riesige Papierfabrik, in der der unglaubliche Holzreichtum des Landes verarbeitet wird. Auch diesen bekamen wir direkt zu spüren: in einer Holzkirche.

Anschließend wurde die Innenstadt erkundet. In den Tagen unseres Aufenthalts fand das Stadtfest Jakobstads, die sogenannten Jakobstage, statt. Ein kultureller, kulinarischer und musikalischer Mix belebt die Stadt von morgens bis spät abends und treibt vor allem Jugendliche in die Innenstadt. Im wunderschönen Schulgarten des schwedischen Gymnasiums oder in den Einkaufsstraßen lassen sie den Abend ausklingen, und das nicht nur während der Jakobstage.
Eine weitere gemeinsame Aktivität war der Besuch der Insel Mässkär am Donnerstag. Nach der 30- minütigen Bootsfahrt gab es erst einmal Mittagessen. Anschließend folgte ein Aufstieg auf den Leuchtturm sowie eine Führung über die Insel, auf der wunderschöne Naturaufnahmen entstanden. Ein kleiner Strand lud schließlich noch zum Abkühlen ein.
An den restlichen Tagen gestalteten die Finnen und ihre Familien das Programm jeweils unterschiedlich. Es ging z. B. in die familiären Sommerhäuser der Eltern oder Großeltern. Dort wurde dann, typisch finnisch, in einem See gebadet und anschließend in der Sauna geschwitzt. Oder man ging bei dem immer besser werdenden Wetter zum Strand nach Fäboda. Auch ein Besuch der nächstgrößeren Stadt, Kokkola, stand bei vielen auf dem Programm. In dem dortigen Einkaufszentrum wurde nach Schnäppchen Ausschau gehalten, was sich jedoch aufgrund der durchschnittlich doch recht hohen Preise schwierig gestaltete. Finnland ist zwar bereits seit 2002 Mitglied im Euro-Raum, wodurch sich der Währungswechsel erübrigte, jedoch sind die Lebenshaltungskosten dort deutlich höher als in Deutschland. Das bekamen wir sowohl beim Kaufen von einfachen Postkarten als auch in den Restaurants zu spüren. Vieles war nahezu doppelt so teuer wie bei uns.
Dennoch war die Woche im hohen Norden sehr angenehm, was nicht zuletzt am dann doch perfekten Wetter und der Gastfreundlichkeit lag. Einige Vorurteile wurden teils bestätigt oder auch entkräftet. So stehen z. B. unserer Erfahrung nach zwei finnische Eigenarten, wie die an den Tag gelegte Zurückhaltung und das Fehlen gemeinsamer Mahlzeiten, zu Recht im Reiseführer.

Doch auch den Finnen sollte Gelegenheit gegeben werden, unsere deutschen Eigenarten kennenzulernen. Daher ging es schließlich am 29. Juli für nun insgesamt 13 Jugendliche gemeinsam nach Süden. Zuerst zum 100 km entfernten Flughafen Vaasa, wo wir uns bei unseren Gasteltern bedankten und uns von ihnen verabschiedeten. Weiter nach einstündigem interessantem Flug mit einer kleinen Propellermachine nach Helsinki und von dort aus weiter mit Finnair nach Düsseldorf, wo wir um 18.00 Uhr landeten. Per Bustransfer "landeten" wir dann schließlich gegen 20.30 Uhr glücklich in Bünde. Auf dem Rathaus-Parkplatz erwarteten uns bereits unsere Eltern. Nach einem Imbiss daheim verbrachten wir die erste Nacht wieder im eigenen Bett und zur Abwechslung auch wieder im Dunkeln.
Am Dienstag erwartete uns um 11.00 Uhr im Bünder Ratssaal der stellvertretende Bürgermeister Christoph Lübeck sowie Vertreter der DFG. Den Finnen wurden ein paar wichtige Informationen über die Stadt mit auf den Weg gegeben. Anschließend lud die DFG noch zu einem Eis im Eiscafé Rialto ein, wo fleißig Pläne für die kommenden Tage geschmiedet wurden. Für einige schloss sich noch ein kurzer Rundgang durch die Eschstraße an.
Am Mittwoch stand dann bei den weiblichen Teilnehmen, also bei fast allen, eine Shoppingtour durch Hannover auf dem Plan, wo die vergleichsweise günstigen deutschen Preise Verwunderung bei den Finnen auslöste. Die beiden männlichen Teilnehmer zogen einen Besuch der Aqua Magica in Bad Oeynhausen mit einer Tour durch den dortigen Kletterpark vor. Am Abend konnten wir bei einem gemeinsamen Treffen im Mexim’s dann bereits erste Erfahrungen und Eindrücke austauschen.
Donnerstag ging es für den Großteil der Gruppe zu einem See nach Paderborn. Dort konnten die Wakeboard‐Künste einer deutschen Teilnehmerin bestaunt werden. Ein Strand bot jedoch auch die Möglichkeit zum Baden und Entspannen. Für den anderen Teil der Gruppe ging es mit dem NRW-Bahn‐Ticket für einen anstrengenden Tag auf Großstadt-Tour nach Köln, Wuppertal und Düsseldorf, wo sowohl der Dom, als auch der Rhein und der Ausblick vom Rheintower genossen werden konnten.
Am Freitag, dem vermutlich wärmsten Tag dieses Jahres, gab es ein großes Wiedersehen im Bünder Freibad, wo der Eintritt dank der von der Stadt Bünde gesponsorten Tageskarten sogar für alle Teilnehmer des Austausches kostenfrei war.
Samstag/Sonntag unternahmen dann die jeweiligen Familien in Eigenregie wieder etwas mit ihrem Gast. Es gab einen Ausflug zur Autostadt und zum Phaeno nach Wolfsburg, einen Besuch des Freilichtmuseums in Detmold, eine Auslandstour nach Amsterdam, Aufstieg zum Nonnenstein, Parklichter in Bad Oeynhausen und einiges mehr.
Ein gemeinsames Abschiedsgrillen fand schließlich am Sonntag bei einer deutschen Teilnehmerin statt. Dort konnten noch einmal die gewonnen Erfahrungen resümiert werden, bevor es dann am nächsten Mittag für die Finnen zurück nach Hause ging. Treffpunkt war wieder das Rathaus um 14.00 Uhr, wo der tränenreiche Abschied erfolgte. Da der Finnair-Flug der Finnen auf den frühen Abend verschoben worden war und sie so erst gegen 21.00 Uhr in Helsinki landeten, mussten sie den Nachtzug nehmen und erreichten Jakobstad erst gegen 5.00 Uhr morgens.

Abschließend kann man sagen, dass jeder, der an diesem kurzen Austausch teilgenommen hat, seine ganz persönlichen Erfahrungen sammeln konnte, welche überwiegend positiv waren. Ein anderes Land, eine andere Kultur und deren Gewohnheiten kennenzulernen; das stand hier im Vordergrund. Und dies klappt wesentlich besser, wenn man bei einer einheimischen Familie wohnt. Man taucht viel mehr in das wirklich finnische Leben ein und nicht in das der Reiseprospekte. Ganz nebenbei konnten wir (und unsere Eltern!) auch noch unsere Fremdsprachenkenntnisse ein wenig verbessern, da die komplette Verständigung auf Englisch erfolgte. Und unseren Freunden, die nach zwei Wochen braun gebrannt aus dem Süden zurückkehren, können wir sagen, dass wir ebenfalls am Strand lagen und das bei fast 25°C in Finnland. Wer hätte das gedacht ...

Bünde, im August 2013